Wie funktioniert die Kompensation mit bereits ein­ge­bun­denem Kohlen­stoff?

Wir kompensieren nicht mit CO2, das erst weit in der Zukunft in einem neu entstehenden Wald gebunden wird, also mit so genannten Ex ante-Zertifikaten. Diese Zertifikate stehen für die zukünftige Einbindung von CO2 und entstehen bereits mit der ersten erfolgreichen Pflanzung der Bäume.

Diese Zertifizierung ist zwar wichtig für eine Projektfinanzierung vom ersten Tag an, wir bieten diese Ex-ante Zertifikate allerdings nicht für die Kompensation an - auch dann nicht, wenn Jahre später die ehemals prognostizierte Einbindung längst Realität geworden ist.

Stattdessen arbeiten wir nur mit nachweislich bereits eingebundenem CO2, belegt durch Ex post-Zertifikate. Das in einem Wald gebundene CO2 wird durch ein Monitoring gemessen, die Menge berechnet und Zertifikate generiert, die wir dann unseren Spender:innen zuordnen.

 

Zusammenarbeit mit externen Standards

Die Zertifikate werden von angesehenen Standards ausgestellt: So gibt es zum Beispiel VCUs (Verified Carbon Units), die von der Non profit-Organisation VERRA ausgegeben werden; oder PVCs (Plan Vivo Climate Certificates) die von der Non profit-Organisation PlanVivo ausgegeben werden.

Die Organisationen prüfen zunächst den Aufbau des Projekts, die Besitzverhältnisse der Flächen und geben eine konkrete Prognose über die CO2-Einbindung ab. Diese Prognose wird regelmäßig vor Ort überprüft und das bereits eingebundene CO2 in Form von verifizierten Zertifikaten vergeben.

Obwohl das CO2 bereits gebunden ist, wird je nach den projektspezifischen Risiken ein Sicherheitspuffer angelegt. So werden zwischen 10% und 20 % der Zertifikate einbehalten und gar nicht erst zur Kompensation bereitgestellt.

Dieser Puffer sorgt bei einem eventuellen Ausfall einzelner Flächen dafür, dass insgesamt im Projekt immer noch deutlich mehr Treibhausgase gebunden bleiben, als kompensiert wurden. Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass ein Projekt komplett ausfällt, sorgt der weltweite, projektübergreifende Sicherheitspuffer des Standards für die Sicherheit der Zertifikate.

 

Vermeidung von Doppelzählungen

Bei der Ausstellung der Zertifikate sorgt der Zertifizierungsstandard für die Vermeidung von Doppelzählung. Jede Kompensation von Treibhausgasen endet mit der Stilllegung eines CO2-Zertifikats (1 Zertifikat = 1 Tonne CO2). Die Zertifikate werden in zentralen Registern geführt und können nur einmal stillgelegt werden. Erst nach der Stilllegung ist garantiert, dass das Zertifikat nicht weiter genutzt werden kann, denn die Stilllegung ist immer unumkehrbar.

Die Bundesrepublik Deutschland ist, wie viele weitere Industrieländer, seit dem Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls zur Verringerung von Treibhausgasen verpflichtet. In diesem Zuge rechnet sich der Bund u.a. die CO2-Einbindung von deutschen Waldflächen positiv an. Auch die von PRIMAKLIMA in Deutschland gepflanzten Wälder tragen daher automatisch zu einer Verbesserung der gesamtdeutschen CO2-Bilanz bei. Das bedeutet gleichzeitig, dass wir keine Kompensation mit Projekten aus Deutschland anbieten – sonst würde eben diese Einbindung ein zweites Mal gezählt werden (die sogenannte Doppelzählung).

Dieses Problem betrifft jedoch seit dem Inkrafttreten des Paris-Abkommens nicht mehr allein die Industriestaaten. Auch Länder des globalen Südens sind nun durch verbindliche CO2-Minderungsziele von der Problematik der Doppelzählung betroffen. Für die Vermeidung von Doppelzählung braucht es jetzt also internationale Regelwerke. Ein wichtiges Element werden in Zukunft voraussichtlich die sog. Corresponding Adjustments (kurz: CA) sein, wodurch die Länder, in denen Klimaschutzprojekte angesiedelt sind, auf die Anrechnung der durch das Projekt initiierten Minderungsleistung verzichten. 

Die Standards im Detail:

Verified Carbon Standard (VCS)

Der Verified Carbon Standard (VCS) dominiert zurzeit den freiwilligen CO2-Markt. Der Schwerpunkt des Standards liegt auf Berechnungsmethoden zur CO2-Bilanzierung. Entwickelt wurde er 2005 von The Climate Group, der International Emission Trading Association und dem World Economic Forum. Er wird vom World Business Council for Sustainable Development und mehreren Nicht-Regierungsorganisationen unterstützt.  
 
Einordnung durch PRIMAKLIMA: Der VCS-Standard bietet höchste Sicherheit für die CO2-Einbindung. Da er jedoch soziale und ökologische Kriterien vernachlässigt, unterstützen wir nur Projekte, die durch den VCS-Standard in Kombination mit dem CCB-Standard zertifiziert sind. 

Climate, Community & Biodiversity Alliance (CCB)

Die Climate, Community & Biodiversity Alliance (CCB) zertifiziert Projekte, die besondere Beiträge zum Wohl der Gemeinschaft und zur Biodiversität leisten. Der CCB-Standard wurde 2003 veröffentlicht – und in Kooperation mit verschiedenen Nichtregierungsorganisationen, Forschungsinstituten und Unternehmen entwickelt.

Für Projekte, die außergewöhnlichen Nutzen für Biodiversität und/oder die lokalen Gemeinden erzielen, gibt es zudem das CCB „Gold Level“. CCB stellt selbst keine CO2-Zertifikate aus, sondern wird zur Co-Zertifizierung von Waldklimaprojekten genutzt.

Einordnung durch PRIMAKLIMA: Der CCBS ergänzt perfekt den VCS-Standard.

Plan Vivo Climate

Plan Vivo ist auf Forstprojekte in ländlichen Gemeinden in strukturschwachen Regionen fokussiert. Die Menschen vor Ort sind das zentrale Element des Plan Vivo-Konzepts. Die Projekte werden nicht für, sondern mit der lokalen Bevölkerung entwickelt und umgesetzt.

Das Konzept zielt auf Emissionsminderung, Förderung nachhaltiger Entwicklung der Gemeinden und Bäuerinnen und Bauern sowie auf Armutsbekämpfung ab. Plan Vivo System and Standards wurde 1994 vom Edinburgh Centre for Carbon Management (ECCM), El Colegio de la Frontera Sur (ECOSUR) sowie der Universität Edinburgh entwickelt.

Einordnung durch PRIMAKLIMA: Plan Vivo-Projekte ermöglichen eine beeindruckende Entwicklung von ländlichen Gemeinden. Bei der Verwendung des Begriffs der „Klimaneutralität“ empfiehlt PRIMAKLIMA jedoch Ex post-Zertifikate.

Fragen und Antworten

PRIMAKLIMA hat schon über 16 Millionen Baumsetzlinge im In- und Ausland gepflanzt und arbeitet mit verlässlichen Partner:innen zusammen. Alle unsere Projekte sind darauf ausgerichtet, dass die Wälder dauerhaft bestehen bleiben. Waldbrände, Stürme und Schädlinge können Waldflächen dennoch zerstören. Mit solchen Risiken sind die Wälder weltweit mehr oder weniger seit Jahrmillionen belastet, ohne dass dadurch die Balance im Kohlenstoffkreislauf bedeutend destabilisiert wurde.  
 
Waldzerstörungen dieser Art sind lokale Ereignisse, die vom globalen Gesamtsystem Wald mit seinen nachwachsenden Bäumen auf natürliche Weise aufgefangen werden. Bei bewirtschafteten Wäldern kann der Mensch zusätzlich förderlich eingreifen. Selbstverständlich ist die natürliche Kohlenstoffeinbindung nur so lange wirksam, bis sich die entsprechende herangewachsene Biomasse wieder zersetzt: Der damit gebundene Kohlenstoff würde wieder freigesetzt. Dies gilt jedoch nur unter der unwahrscheinlichen Annahme, dass die Fläche nicht erneut bepflanzt wird – oder sich ganz natürlich wieder erholt und zu Wald entwickelt.

Die Gefährdung der Kohlenstoffbindung hinsichtlich einzelner Aufforstungsflächen ist denkbar, kann aber durch fachgerechte Planung und Überprüfung deutlich minimiert werden: So werden Kompensationsprojekte beispielsweise möglichst auf mehrere, weltweit gestreute, eher kleine Projektflächen verteilt. Darüber hinaus garantieren die Projektzertifizierungen spezifische Sicherheitspuffer, die wie eine Versicherung zu betrachten ist, die im Schadensfall einspringt. Um Gefährdungspotentiale im Vorfeld zu minimieren, werden darüber hinaus bei allen PRIMAKLIMA-Projekten umfassende spezifische Präventionsmaßnahmen umgesetzt.

Um die Wälder langfristig zu schützen – und ggf. an veränderte Bedingungen anzupassen, stehen unsere internen und externen Forstexpert:innen in intensivem Austausch. Denn nur gesunde Bäume und Böden sind zuverlässige und langfristige Klimaschützer.

Außerdem gibt es verschiedene Maßnahmen, die bei der Durchführung von Waldprojekten zu beachten sind, um Risiken zu minimieren:
 

  1. Langfristige und umsichtige Planung, die mögliche Risiken mitdenkt:

    Bei allen Projekten ist die anfängliche Planung nicht zu unterschätzen: Besonders in den ersten Jahren nach der Pflanzung sind die Wetterbedingungen entscheidend für die Entwicklung der Baumsetzlinge. Ist es zu trocken, können die frisch gepflanzten Setzlinge nicht überleben, da ihre Wurzeln noch nicht so tief in die Erde reichen und sie nicht genug Wasser zur Verfügung haben. Je nach Region und Baumart können auch kalte Winter oder große Feuchtigkeit ein Risiko für die Jungpflanzen darstellen.

    Diesen Risiken beugen wir so gut wie möglich vor. Um den jungen Bäumen die besten Startbedingungen zu ermöglichen, ist daher zunächst die Auswahl des Standortes für den neuen Wald entscheidend. Zudem werden in den Projekten hauptsächlich heimische Baumarten fachgerecht ausgewählt und gepflanzt.

    Laubwälder sind generell deutlich robuster als Nadelwälder, bspw. in Bezug auf Brandvermeidung. Denn die Laubbäume können (auch in Trockenzeiten) deutlich mehr Feuchtigkeit speichern. Ein weiterer wichtiger Faktor ist es, die Pflanzsaison an das lokale Klima anzupassen – und die Setzlinge in den ersten Jahren besonders intensiv zu pflegen und ihr Wachstum zu überprüfen.  
     
  2. Feuer-Risiko minimieren:

    Je nach Region können Brände ein besonders schwerwiegendes Risiko darstellen, da sie in kurzer Zeit große Flächen Wald zerstören können. In unserem Uganda-Projekt im Kibale-National Park werden bspw. mehrere Meter breite Schneisen um die Projektflächen angelegt, die verhindern, dass ein Brand aus der benachbarten Region auf den Park übergreifen würde.

    Feuerwachtürme und regelmäßige Kontrollen ermöglichen das frühzeitige Entdecken von ausgebrochenen Feuern. Auch die lokale Feuerwehr erhält die notwendige Ausrüstung und Ausbildung, um Waldbrände zu bekämpfen. Sollte trotz der getroffenen Vorsichtsmaßnahmen ein Teil des Projektgebiets durch ein Feuer beschädigt worden sein, so greift noch immer der Risikopuffer des jeweiligen Standards, durch den das Projekt zertifiziert ist.
     
  3. Möglichem illegalen Holzschlag entgegenwirken

    Ein anderes Risiko kann illegaler Holzschlag sein. Dieses Risiko wird vor allem durch die aktive Rolle der Menschen vor Ort verringert.  Sie werden von Beginn an in die Projektplanung miteinbezogen – und verstehen sich oft als Botschafter:innen und Bewahrer:innen ihres Waldes.

    Ein weiterer Faktor ist auch die finanzielle Beteiligung: Solange die Baumsetzlinge zu einem Wald heranwachsen, erhaltendie Farmer:innen sichere Einkünfte. Mindestens 60 % der Einnahmen aus dem Verkauf der CO2-Zertifikate gehen direkt an die Farmer:innen.

    Sind die gepflanzten Bäume dann zu einem Wald herangewachsen, können die Kleinbäuer:innen einzelne hochwertige Bäume im Sinne einer nachhaltigen Forstwirtschaft entnehmen und verkaufen, bzw. weiterverarbeiten. So entstehen z.B. hochwertige Holzartikeln als  zusätzliche Einkommensquelle – während der Wald als Ganzes in jedem Fall bestehen bleibt.

Unsere Projekte

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Deutschland Neue Mischwälder in Sachsen weiterlesen
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