Einführung
Die sozial-ökologische Transformation ist in den aktuellen Debatten prominenter denn je: Die neue
EU-Richtlinie „Empowering Consumers Directive”, die Verbraucher:innen durch bessere Information
vor irreführenden Praktiken schützt und so Greenwashing vorbeugen soll, aber auch die mediale
Berichterstattung zu Entwicklungen auf dem freiwilligen Kohlenstoffmarkt (Voluntary Carbon Market,
VCM) bieten Anlass zur Reflexion. Das vorliegende Positionspapier beschreibt die Rolle
privatwirtschaftlichen Engagements im Klimaschutz und die Notwendigkeit ganzheitlicher
Klimaschutzstrategien. Es erläutert auch die Bedeutung qualitativ hochwertiger Klimaschutzprojekte
als Bestandteil dieser ganzheitlichen Klimaschutzstrategien. Diese sollten auf Langfristigkeit
ausgerichtet sein, um einen bestmöglichen Beitrag zur Erreichung des globalen 1,5-Grad-Zieles sowie
einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung zu leisten. Der Fokus liegt dabei auf der maximal möglichen
Vermeidung und Verminderung der eigenen Treibhausgas-Emissionen. Ergänzend dazu werden für
nicht vermeidbare Emissionen entsprechende Klimaschutzprojekte im globalen Süden finanziert.
Das SDG Financing Gap und die Rolle der Privatwirtschaft
Das Übereinkommen von Paris 2015 mahnt uns, die Erderwärmung auf möglichst 1,5-Grad bis Ende
dieses Jahrhunderts einzudämmen, um weltweite, klimawandelbedingte Schäden für Mensch und
Natur abzuwenden. Die Folgen der Klimakrise und die Herausforderungen der nachhaltigen
Entwicklung wirken sich insbesondere in Ländern des globalen Südens aus. Dort sind marginalisierte
Bevölkerungsgruppen besonders betroffen, die nur über sehr begrenzte Ressourcen verfügen, um sich
an den Klimawandel anzupassen. Zugleich haben diese Länder und die dort lebenden Menschen mit
Abstand am wenigsten zur Klimakrise beigetragen.
Der voranschreitende Klimawandel wirkt sich zudem auf zahlreiche miteinander verwobene
Lebensaspekte aus, beispielweise Frieden und Sicherheit, Wohlstand und Gesundheit, Biodiversität
und Trinkwasser, Geschlechtergleichheit und Bildungschancen. Aktuell fehlen rund 4 Billionen USDollar
jährlich (Quelle: UNEP) in den Entwicklungs- und Schwellenländern, um die Finanzierungslücke
zum Erreichen der Sustainable Development Goals (SDGs) zu schließen (Quelle: SDG Financing Gap).
Die Bekämpfung der Klimakrise und das Erreichen einer global nachhaltigen Entwicklung unter
Einbezug aller gesellschaftlicher Gruppen ist das Gebot der Stunde und erfordert rasches Handeln.
Staatliche finanzielle Mittel allein reichen dafür nicht aus – auch der Privatwirtschaft kommt eine
Schlüsselrolle in der Bereitstellung von Kapital zu. Für dieses privatwirtschaftliche Engagement gilt es,
Anreize und Rahmenbedingungen zu schaffen. Zum Thema „Finanzierungslücken für den Klimaschutz
und Nachhaltigkeitsziele schließen” veröffentlichte die Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima ein
entsprechendes Infosheet.
Unternehmerische Verantwortung
Die Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima motiviert und begleitet ihre Unterstützer:innen in der
Erstellung und Umsetzung einer ambitionierten Klimaschutzstrategie, die die Vermeidung und
Reduktion von Treibhausgas-Emissionen priorisiert (Infosheet). Zudem baut sie auf einer robusten
Treibhausgasbilanzierung auf und unterstützt die ambitionierten Ziele gemäß des 1,5-Grad-Pfades des
Übereinkommens von Paris. Entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung helfen dabei, eine
kontinuierliche Verbesserung zu praktizieren. Der 2023 veröffentlichte Synthesereport „Climate
Change 2023“ des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarates IPCC legte nochmals klar dar, dass
die Klimakrise nur durch massive Reduktionen der weltweiten Treibhausgasemissionen zu stoppen ist
und wie wichtig die Kohlenstoffentfernung (Carbon Dioxide Removals, CDR) sein wird. Dies leitet uns
in unserem Handeln.
Mit einer ganzheitlichen, auf Dekarbonisierung ausgelegten Klimaschutzstrategie tragen
Unternehmen Sorge für ihre eigene Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit. Innerhalb von
ganzheitlichen Klimaschutzstrategien gibt es die Möglichkeit zur Reduktion entlang der eigenen
Wertschöpfungskette und den Ausgleich noch nicht vermiedener Treibhausgasemissionen mittels
Emissionsgutschriften, zukünftig mit Corresponding Adjustment. Darüber hinaus ist auch ein
finanzieller Beitrag in Klimaschutzprojekte ohne die Anrechnung auf die eigene Emissionsbilanz ein
gangbarer Weg außerhalb der eigenen Wertschöpfungskette aktiv zu sein. Zum Unterschied von
Kompensation und Klimafinanzierung informiert und berät die Stiftung Allianz für Entwicklung und
Klima (siehe Infosheet). Eine ganzheitliche Klimaschutzstrategie knüpft an bestehende
Berichtspflichten an und kann für diese verwendet werden, beispielsweise die EU-Richtlinie zur
Nachhaltigkeitsberichterstattung (engl. Corporate Social Responsibility Directive, CSRD). Die
Europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS, Anwendungsbestimmung 61)
verdeutlichen, dass die Kompensation nicht auf die Emissionsbilanz in der Berichterstattung über die
Reduktionziele von Unternehmen anzurechnen ist, ergo ist die Kompensation keine
Reduktionsmaßnahme. Das heißt, dass die Förderung von Klimaschutzprojekten im Rahmen von
Klimafinanzierung oder im Rahmen der Kompensation, Maßnahmen zu Vermeidung und Reduktion
ergänzen, aber sie ersetzen diese nicht und sind daher entsprechend separat darzustellen.
Wirksamer Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung
Ziel des Einsatzes von privatwirtschaftlichem Kapital ist, die Förderung von Klimaschutz und
zusätzlicher Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung in Ländern des globalen Südens. So tragen
beispielsweise Aufforstung und Walderhalt zur Reduktion von Bodendegradation und dem Erhalt von
Biodiversität unter dem SDG Leben an Land bei. Nachhaltige Energiesicherheit fördert unter dem SDG
7 gleichzeitig die Reduktion von Emissionen durch fossile Energieträger und trägt zur Minderung des
globalen Temperaturanstiegs und einer Begrenzung der Folgen des Klimawandels bei.
Ebenfalls kann im globalen Süden ein sog. „Leapfrogging“ stattfinden, d.h. der Umstieg auf
klimafreundlichere Lösungen und Technologien wird beschleunigt und fossile Brennstoffe können
„übersprungen“ werden. Nationale Entwicklungspläne der Gaststaaten können so durch
Klimaschutzprojekte unterstützt und Bedarfe der lokalen Akteure und ihre Positionen berücksichtigt
werden. Der VCM ermöglicht es, Technologien in Regionen einzuführen, in denen sie sonst kaum oder
gar nicht verfügbar wären und fördert weiterhin eine Hochskalierung erfolgreicher Ansätze.
Privatwirtschaftliche Akteure können sich an der globalen nachhaltigen Transformation beteiligen und
ihre globale Verantwortung wahrnehmen. Dies ist insbesondere bedeutsam, wenn sie in
internationalen Lieferketten und durch Absatzmärkte in ein weltweites Geflecht eingebunden sind.
Kompensation durch Emissionsgutschriften mit Corresponding Adjustment oder Beiträge zu
Klimafinanzierung (sog. „Climate Contributions") auf Grundlage hochwertiger Standards, die
einerseits zur Reduktion oder Entnahme von CO2 und anderseits zur Förderung der SDGs beitragen,
sind ein sinnvoller und effizienter Beitrag zur Zielerreichung der Agenda 2030 und des Pariser
Abkommens, um den Zustand der Atmosphäre zu stabilisieren. Die freiwillige Klimafinanzierung
unterstützt ambitionierte Projekte, die für die Gaststaaten dieser Projekte durch eigene Mittel nur
schwer oder gar nicht umzusetzen wären („high-hanging fruits“). Die Mitbestimmung der Gastländer
und die Teilhabe der lokalen Bevölkerung an der Projektentwicklung und -durchführung sind
essenzielle Bestandteile integrer Praxis. Hochqualitative, zertifizierte Klimaschutzprojekte bieten
einen messbaren und lokalen Mehrwert und berücksichtigen ökologische sowie soziale Aspekte. Dabei
sind neben Projekten mit Fokus auf Vermeidung und Minderung von Emissionen insbesondere
Klimaschutzprojekte zur CO2-Entnahme unterstützenswert. Die so genannten naturbasierten
Lösungen (Nature-based solutions, NbS) beziehen unter anderem (Wieder-)Aufforstung ohne
kommerzielle Aktivitäten, Vermeidung von Entwaldung, die Wiederherstellung von Feuchtgebieten
oder nachhaltige Waldbewirtschaftung ein. Entnahme-Projekte sind durch das Übereinkommen von
Paris politisch verankert (vgl. Art. 4.1) und sollen das Erreichen eines Gleichgewichts zwischen den
anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und dem Abbau durch Senken in der
zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts befördern.
Qualität auf Basis von Integrität und Impact
Die Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima bekennt sich gemeinsam mit ihren Partner:innen für
Entwicklung und Klima zur Bedeutung von qualitativ hochwertigen Klimaschutzprojekten im globalen
Süden. Begleitende Maßnahmen der Stiftung, beispielsweise wissenschaftsbasierte Analysen und
Bewertungen sowie extern durchgeführte Sorgfaltsprüfungen im Bereich der Umwelt- und
Sozialstandards, unterstützen die Qualitätssicherung. Dazu gehört unter anderem das Environmental
and Social Management System (ESMS)-Screening der Partner:innen für Entwicklung und Klima,
welche unter anderem auf Basis der Performance Standards der International Finance Cooperation
durchgeführt wird. Langjährige Partnerschaften auf Augenhöhe und eine robuste Begleitung des
Projektfortschritts fördern eine ganzheitliche Projektentwicklung und -umsetzung. Die Verpflichtung
zum ESMS und weiteren Leitprinzipien erklärt die Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima in ihrem
Infosheet.
Die Partner:innen für Entwicklung und Klima tragen für die Qualitätssicherung ihres Angebots Sorge
und verpflichten sich zu Transparenz in ihren operativen Prozessen als auch zur Einbindung der
Stakeholder in der Projektumsetzung. Dazu gehört ein robustes Monitoring des Projektfortschritts,
entsprechende Validierungen und Verifizierungen sowie die öffentliche Berichterstattung. Unter
Qualität verstehen wir die Kopplung von Integrität und Impact. Das bedeutet, dass bestimmte
Qualitätskriterien (siehe Infosheet der Stiftung) für die Projekte eingehalten und die höchsten
Umwelt- und Sozialstandards nachgehalten werden. Die Core Carbon Principles der Qualitätsinitiative
„Integrity Council for the Voluntary Carbon Market” (ICVCM) unterstützen die Stiftung für Allianz
Entwicklung und Klima und ihre Partner:innen. Wissenschaftsbasierte Organisationen wie die „Carbon
Credit Quality Initiative” (CCQI) werden von der Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima konsultiert
und im Rahmen von Kooperationen für unabhängige Analysen einbezogen – so zum Beispiel zu
einzelnen Projekttypen, die unter anderem auf ihre Quantifizierungsmethodik, ihren Beitrag zu Netto-
Null, Zusätzlichkeit, Nachhaltigkeitswirkung und andere Faktoren überprüft wurden (Factsheets).
Impact bezeichnet die Entwicklungswirkung des geförderten Projekts, das nachweislich und über den
Klimaschutz hinaus lokal und regional einen positiven Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung leistet.
Nachhaltige Wirkung meint demnach, dass die positiven Auswirkungen eines Projekts auf die
Projektbegünstigten gemäß der Ziele für nachhaltige Entwicklung auch nach Abschluss des Projekts
anhalten.
Gemeinsam engagiert
Unser gemeinsames Ziel innerhalb der Allianz ist es, Unternehmen in der Erstellung und Umsetzung
ihrer ganzheitlichen und auf Langfristigkeit ausgerichteten Klimaschutzstrategien zu unterstützen und
privates Kapital in die wirksamsten und qualitativ hochwertigsten Projekte im globalen Süden zu
lenken sowie für deren kontinuierliche Verbesserung Sorge zu tragen. Die Allianz unterstützt dabei,
globale Entwicklung und Klimaschutz gemeinsam voranzubringen und langfristige Lösungen zu finden.
Die Kommunikation des Engagements schafft Transparenz. Hilfestellung zum Thema
Klimakommunikation bietet das Infosheet der Stiftung Allianz für Entwicklung und Klima.
Mit unserem Handeln hinsichtlich Integrität und Impact leisten wir einen Beitrag zur Verbesserung des
freiwilligen Kohlenstoffmarktes bei gleichzeitiger Wirkung auf eine nachhaltige Entwicklung und damit
konkrete Verbesserungen der Lebenssituation von Menschen im globalen Süden. Wir unterstützen
den Privatsektor, sich dafür zu engagieren.
Zusammen für Entwicklung und Klima.
Hier geht es zur Meldung der Stiftung.