In den 31 Jahren, die wir tätig sind, haben wir einige Anbieter kommen und gehen sehen. Daher freuen wir uns darüber, dass die Stiftung Warentest sich des komplexen Themas nach 2018 das zweite Mal angenommen hat und so zu mehr Transparenz und Vergleichbarkeit beitragen möchte.
Was wurde bewertet und wie hat PRIMAKLIMA im Einzelnen abgeschnitten?
Bewertet wurden 4 Kategorien mit unterschiedlicher Gewichtung.
- Transparenz (15 % Gewichtung). Bewertung für PRIMAKLIMA: Sehr gut (0,5)
- Leitung und Kontrolle (15 %). Bewertung für PRIMAKLIMA: Sehr gut (0,5)
- Einhaltung des Prinzips „Vermeiden vor Reduzieren vor Kompensieren“ (20 %). Bewertung für PRIMAKLIMA: Sehr gut (1,5)
- Qualität der Kompensation (50%). Bewertung für PRIMAKLIMA: Gut (2,5)
Wie bewerten wir das Ergebnis und welche Schlüsse ziehen wir daraus?
Wir sind stolz darauf, in drei von vier Bereichen mit „sehr gut“ abgeschnitten zu haben. Die Bestnoten in den Bereichen „Transparenz“ sowie „Leitung und Kontrolle“ zeigen die Wirksamkeit der zahlreichen Selbstverpflichtungen, die wir uns als gemeinnützige Organisation auferlegt haben. Bei der Einhaltung des Prinzips „Vermeiden vor Reduzieren vor Kompensieren“ sehen wir Verbesserungsmöglichkeiten, die wir umsetzen werden.
Das Kriterium „Qualität der Kompensation“, in dem PRIMAKLIMA ein „gut“ erhielt, hat für das Gesamturteil eine entscheidende Rolle: Es hat eine Gewichtung von 50% und durch die Regelung, dass keine bessere Gesamtnote vergeben wird als für diesen Teilbereich, gab es für uns nicht das rechnerische Gesamtergebnis 1,7, sondern eine 2,5.
Dass wir ausgerechnet in diesem Bereich nicht die Bestnote erhalten, ist aus unserer Sicht erstaunlich. Wir haben inzwischen 31 Jahre Erfahrung mit Waldprojekten und die Expertise, hervorragende von guter und weniger guter Projektarbeit unterscheiden zu können. Wir nehmen uns bei der Auswahl der Projekte mehrere Monate Zeit, nutzen unser internationales Netzwerk und unterstützen letztlich nur wenige Projekte, um mit den Verantwortlichen vor Ort im engen Austausch zu sein und die Projekte regelmäßig besuchen (Beitrag ab Min. 16:21) zu können.
Entsprechend enttäuscht waren wir – trotz der guten Note – und haben uns gefragt:
Wie kam es zu der Bewertung der Kompensationsqualität?
Überraschenderweise liegt es gar nicht an der Qualität unserer Projekte. Denn die Stiftung Warentest betrachtet bei ihrer Bewertung die Projekte nicht. Sie macht ihr Urteil ausschließlich daran fest, nach welchem Standard sich die Projekte zertifizieren lassen. Im Finanztest-Artikel ist dazu zu lesen: „Die beste Qualität wird gemeinhin dem Goldstandard bescheinigt.“ Auch wenn diese Aussage sehr vage ist, stimmen wir insoweit zu, dass der Gold Standard eine seriöse Zertifizierung von Projekten vornimmt. Allerdings trifft dies auch für andere Standards zu, etwa für die Kombination aus Verified Carbon Standard (VCS) und Climate, Community and Biodiversity Standard (CCBS). Diese Einschätzung wird von Prüforganisationen gestützt, die einzelne Projekte bewerten.
Bei BeZero, einer unabhängigen Plattform zur Bewertung von Klimaschutzprojekten, werden unsere Kompensationsprojekte mit dem Qualitätsurteil AAA- bewertet- und damit sehr viel besser als viele Gold Standard-Projekte. Einige Gold Standard-Projekte erhalten dort sogar die schlechteste Bewertung „A“. Das Urteil „A“ wird von BeZero vergeben, wenn nur eine geringe Wahrscheinlichkeit besteht, dass durch das jeweilige Projekt auch wirklich so hohe CO2-Emissionen vermieden oder eingebunden werden, wie durch Zertifikate bescheinigt wird. Ein erheblicher Makel.
Keine individuelle Betrachtung der Projekte
Die Stiftung Warentest kommt aber ohne Betrachtung unserer Klimaschutzprojekte zu dem Schluss, unsere Projektqualität habe sich gegenüber dem letzten Test im Jahr 2018 „verschlechtert“. Dabei sind unsere Projekte nach dem VCS und CCB Standard zertifiziert und wurden sogar mit dem Prädikat „Gold-Level“ ausgezeichnet. Wir haben uns daher bei der Stiftung Warentest erkundigt, auf welcher Grundlage die Zertifizierung nach dem Gold Standard eine so viel bessere Bewertung nach sich zieht. Die Antwort:
„Wir haben nicht die Qualität der einzelnen Standards bewertet, sondern inwiefern das Portfolio der Kompensationsanbieter konform mit der Strategie der Bundesregierung zur Kompensation der Dienstreisen ist. In der Ausschreibung der Bundesregierung werden CDM-Projekte (Anm. der Red.: Clean Development Mechanism) mit einer zusätzlichen GS-Zertifizierung (Anm. der Red.: Gold Standard) gesucht. Diese Kombination hat daher die höchste Punktzahl beim Kriterium erhalten. “
Bedeutet: Die „Qualität der Kompensation“, das mit Abstand wichtigste Testkriterium, wurde gar nicht bewertet. Es wurde lediglich abgeglichen, ob die Zertifizierung der Projekte diejenige ist, die die Bundesregierung für die Kompensation ihrer Dienstreisen gesucht hat. Bemerkenswert ist dabei, dass die Stiftung Warentest dieses Vorgehen wählt, obwohl die von der Bundesregierung geforderte CDM-Zertifizierung umstritten ist: Eine Untersuchung aus dem Jahr 2021 kommt zu dem Ergebnis, dass über die Hälfte der CDM-Projekte gar keinen zusätzlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Ohne zusätzliche Analyse ist daher auch diese Zertifizierung kein Garant für Qualität.
Wunsch nach klareren Kriterien
Voraussetzung dafür, dass PRIMAKLIMA ein neues Projekt unterstützt, ist eine intensive, monatelange Recherche. Wir besuchen Projekte in verschiedenen Ländern, berücksichtigen externe Bewertungen der Projekte und tauschen uns mit international anerkannten Expert:innen aus. Wir haben uns seit der letzten Bewertung der Stiftung Warentest sogar bewusst gegen die Unterstützung von bestimmten Gold Standard-Projekten entschieden, da uns keines der von uns untersuchten Projekte qualitativ voll überzeugte. Doch am Ende bleibt festzuhalten: Hätte unser Steuerberater eine Liste aller weltweit nach dem Gold Standard zertifizierten Projekte vorgehalten bekommen und davon eines für uns ausgewählt: PRIMAKLIMA hätte eine bessere Finanztest-Bewertung erhalten.
Das ist für uns als Organisation schade und bringt der interessierten Öffentlichkeit keinen Mehrwert. Dennoch: Die externe Betrachtung des komplexen Angebots der CO2-Kompensation ist wichtig und liefert durchaus valide Erkenntnisse über die Arbeit der Organisationen. Mit klaren Kriterien, etwa zum Projekt-Auswahlprozess, und der Hinzunahme unabhängiger Expert:innen, kann in Zukunft auch die Bewertung der „Qualität der Kompensation“ noch nachvollziehbarer gestaltet werden.
Der gesamte Test von Kompensationsanbietern wurde in der Zeitschrift Finanztest (kostenpflichtig) veröffentlicht.